Am 01.10. und 02.10.2020 wurde die diesjährige Bundesvertreter­versammlung (BVV) des Bundes der Richterinnen und Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit (BRA) als Präsenzveranstaltung in Bremen durchgeführt.

 

Die Delegierten erwartete gleich zu Beginn ein besonderes Highlight: Der erste Teil der Tagung fand in dem historischen und noch heute als Sitzungssaal dienenden Schwurgerichtssaal des Landgerichts Bremen statt. Der Präsident des Landesarbeitsgerichts Bremen, Thorsten Beck, richtete ein Grußwort an die Teilnehmer. Dabei ging er zunächst auf die architektonischen Besonderheiten sowie die Historie des Schwurgerichtssaals ein. Als besonders beeindruckend ist insoweit die Holzvertäfelung der Wände zu bezeichnen. An ihr haben Ende des 19. Jahrhunderts 26 Tischlermeister mit ihren Gesellen und Lehrlingen mehrere Monate gearbeitet. Die Delegierten erfuhren im Rahmen der Ausführungen zudem, dass das Land Bremen in Kürze flächendeckend die elektronische Akte eingeführt haben wird und plant, ab 2021 Rechtsanwälte zur Einreichung über beA/EGVP zu verpflichten.

 

Nach dem Grußwort des LAG-Präsidenten erfolgte der Bericht des BRA-Vorsitzenden Christoph Tillmanns. Dieser informierte die Delegierten u.a. über seine Teilnahme am 4. Deutschen Arbeitsrechtstag des Deutschen Anwaltsvereins, der im Januar 2020 anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Betriebsverfassung in Berlin stattfand. Themen wie die Einführung der Möglichkeit von Videokonferenzen bei Betriebsratssitzungen sowie die Frage nach digitalisierten Betriebsratswahlen waren Gegenstand der dortigen Erörterungen.

 

In seinem weiteren Bericht führte der Vorsitzende im Zusammenhang mit der Änderung des § 114 ArbGG – der BRA hatte zum ursprünglichen Gesetzesentwurf eine Stellungnahme verfasst – aus, dass in einzelnen Gerichten Baden-Württembergs von der Möglichkeit, die Sitzung per Videokonferenz durchzuführen, Gebrauch gemacht wird. Ein voller Erfolg scheine dies bislang nicht zu sein. Nach den bisherigen Erfahrungen zögen die meisten ehrenamtlichen Richter die Teilnahme an Präsenz-Beratungen und Verhandlungen vor.

 

Der Vorsitzende informierte zudem darüber, dass eine ursprünglich geplante Stellungnahme zur Modifizierung des § 14 TzBfG aktuell nicht erfolgen werde, weil in dieser Bundestags - Legislaturperiode nicht mehr mit einer Änderung zu rechnen sei.

 

Auch der zum 31.12.2019 erfolgte Rücktritt des bisherigen DRB-Vorsitzenden Jens Gniesa war Gegenstand der Erörterungen. Im Zusammenhang damit berichtete Katja Bernhard, die für den BRA als Präsidiumsmitglied im DRB tätig ist, über die Arbeit der derzeitigen Doppelspitze Lüblinghoff/Stockinger.

 

Angeregt diskutiert wurden Fragen der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die tägliche Arbeit der Richterinnen und Richter. Dabei berichteten die Delegierten von den Maßnahmen, die in den einzelnen Bundesländern getroffen wurden. Neben der Maskenpflicht in öffentlichen Gebäuden, die in einer Vielzahl von Bundesländern eingeführt wurde, sind in zahlreichen Gerichtsälen mittlerweile Trennwände aus Plexiglas zu finden. Vielfach werden Sitzungen auch zeitlich entzerrt. Ein Kollege aus Hessen berichtete über das dort eingeführte Sitzungssaalmanagement. Ein beauftragter externer Dienstleister reinigt nach jeder Sitzung die Tische und Bestuhlung der Verhandlungssäle. Insgesamt wurde deutlich, dass es teilweise große Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern gibt. Im Nachgang zur BVV ist beabsichtigt, aus den Berichten der Länder über die im jeweiligen Bundesland getroffenen Maßnahmen einen Forderungskatalog zu erstellen.

 

Zudem erfolgte ein Erfahrungsaustausch über die Arbeit mit der elektronischen Akte. In den Ländern, die diese bereits flächendeckend eingeführt haben, bringt sie bislang sowohl für Richter/innen als auch für den nichtrichterlichen Dienst zusätzliche Arbeit mit sich. Als unbefriedigend wird empfunden, dass kein einheitliches, länderübergreifendes Aktenverwaltungs­programm existiert. Bundesweit bestehen drei verschiedene Systeme zur Führung elektronischer Akten, die zudem mit unterschiedlichen Fachverfahren kombiniert werden. Dabei stehen vor allem die Bundesgerichte vor der Herausforderung, die Kompatibilität mit sämtlichen dieser Programme gewährleisten zu müssen.

 

Erörtert wurde ferner der Umgang mit elektronisch eingehenden Schriftsätzen insbesondere mit Blick auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu § 130a ZPO (BAG v. 12.03.2020 – 6 AZM 1/20 –). Berichtet wurde in diesem Zusammenhang, dass eine E-justice-Länderarbeitsgruppe einen Vorschlag für die Überarbeitung der zu § 130a ZPO ergangenen Rechtsverordnungen erstellt hat, mit dem Ziel, die Anforderungen an die elektronischen Eingänge und damit die Prüfpflicht der Richter zu ändern. Es wurde beschlossen, dass der BRA beim DRB anregt, sich für die kurzfristige Umsetzung dieses Reformvorschlages einzusetzen.

 

Auch die personelle Zukunft im BRA-Vorstand war Thema der diesjährigen BVV. Im Bundesvorstand müssen im Jahr 2021 mehrere Positionen nachbesetzt werden. Der bisherige Vorsitzende wird sich nicht mehr zur Wiederwahl stellen. Katja Bernhard hat sich bereit erklärt, für den Vorsitz zu kandidieren. Im Falle ihrer Wahl würde allerdings ihre derzeitige Position im DRB-Präsidium vakant. Auch weitere Vorstandsposten im BRA müssen im kommenden Jahr neu besetzt werden. Die Delegierten wurden daher gebeten, bis Ende März 2021 geeignete Kandidaten zu benennen.

 

Die nächste BVV soll entweder am 07. und 08.10.2021 oder erst am 10. und 11.02.2022 in Berlin stattfinden.

Der RiSta-Tag, der aufgrund der Corona-Pandemie im April 2020 ausfallen musste, wird entgegen ursprünglicher Planungen nicht nachgeholt. Der nächste RiSta-Tag findet turnusmäßig im Jahr 2023 statt.