Der 23. Deutsche Richter- und Staatsanwaltstag hat vom 29. bis 31. März 2023 in Weimar stattgefunden. Mehr als 1000 Gäste haben über drei Tage diskutiert, wie die Justiz auf die Höhe der digitalen Zeit gebracht werden kann und wie sich die Rechtsstaatlichkeit in Europa effektiv schützen lässt. Für den RBA-NW haben dessen Vorsitzender Jürgen Barth sowie die Vorstandsmitglieder Dr. Claudia Hagedorn und Dr. Dorothea Roebers teilgenommen. Auch der gesamte Vorstand des Dachverbandes BRA war vollständig vertreten, so dass die Arbeitsgerichtsbarkeit viel Präsenz gezeigt hat.

 

Die Veranstaltung wurde mit der Verleihung des DRB-Menschenrechtspreises eröffnet. Den Preis erhielt die venezolanische Richterin Maria Lourdes Afiuni. Sie war im Jahr 2009 von der politischen Polizei festgenommen worden, weil sie einen Menschen aus der Untersuchungshaft entlassen hatte, der mehr als zwei Jahre ohne Gerichtsentscheidung festgehalten worden war. Den Preis konnte sie nicht persönlich entgegennehmen, da sie das Land nicht verlassen darf. Die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Bettina Limperg äußerte in ihrer Laudatio, der Preis zeige auch denjenigen, die in freiheitlichen Staaten lebten, wie wertvoll diese Freiheit sei.

 

„Legal Tech – schöne neue Welt?“ hieß die anschließende Einführungsveranstaltung, in der die Vortragenden sowohl über Risiken der Digitalisierung als auch über Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes Künstlicher Intelligenz referierten.

 

Am Begrüßungsabend stattete Bundesjustizminister Marco Buschmann den versammelten Richter/innen und Staatsanwält/innen einen Besuch ab. In seiner Rede sprach er sich dafür aus, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, dass die deutsche Justiz die neuen technischen Möglichkeiten der Digitalisierung verstärkt nutzen könne. Bezogen auf einen Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums, der u.a. die Möglichkeit beinhaltet, Gerichte zur Durchführung von Videokonferenzen zu verpflichten, musste sich der Bundesjustizminister deutliche Unmutsbekundungen anhören.

 

Am zweiten Tag stellte sich der Präsident des Bundesverfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, den Fragen der Moderatorin Dunja Hayali. Er betonte, dass Deutschland trotz großer Herausforderungen in Krisenzeiten ein stabiles, sicheres Land sei. EU-Justizkommissar Didier Reynders führte in seiner Rede zur „Rechtsstaatlichkeit in Europa“ aus, dass Russlands Angriffskrieg nochmals verdeutlicht habe, wie wichtig der Schutz europäischer Werte und allen voran derjenige der Rechtsstaatlichkeit sei.

 

Ein Highlight aus arbeitsgerichtlicher Sicht war der vom BRA mitorganisierte Workshop am Nachmittag des zweiten Tages. Christoph Tillmanns, ehemaliger Vorsitzender des BRA und Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, moderierte gemeinsam mit Dr. Stefan Brink, dem ehemaligen Landesbeauftragen für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes Baden-Württemberg, das Thema „Der (Zivil-)Richter und der Datenschutz“. In einem entspannten und unprätentiösen Dialog führten die beiden gut nachvollziehbar durch dieses schwierige Thema, das in der Praxis von immer stärkerer Relevanz ist. Es entspann sich eine hoch interessante und kontroverse Diskussion unter den Teilnehmern.

 

Zum Abschluss des Tages fand der traditionelle NRW-Abend im Schwarzen Bären statt, zu dem sich die Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte aus NRW mit Gästen des DRB NRW trafen.

 

Der Höhepunkt der Veranstaltung war zu deren Abschluss der Auftritt von Lettlands Staatspräsidenten Egils Levits. Dieser führte die gebannten Zuhörer im großen Saal in einer eindrucksvollen Tour d` Horizont durch die jüngste politische Entwicklung Europas. Dabei stellte er insbesondere die Wichtigkeit der Souveränität der Wertegemeinschaft Europas und die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit heraus. Levits machte deutlich, dass es einer klaren völkerrechtlichen Reaktion auf den russischen Angriffskrieg bedürfe. Sollte eine solche unterbleiben, würde Russland das als Rückzug des Völkerrechts und als Schwäche des Westens interpretieren. Er mahnte, dass es die Schwäche des Westens gewesen sei, nicht seine Stärke, die in der Vergangenheit den Kreml zu Aggressionen ermutigt habe. Levits sprach sich dafür aus, ein Sondertribunal zum Krieg gegen die Ukraine einzurichten, das den Angriffskrieg Russlands völkerrechtlich umfassend aufarbeiten könne. Für seine Rede erhielt Levits lang anhaltende Standing Ovations.

 

Als Fazit bleibt festzuhalten, dass der 23. Deutsche Richter- und Staatsanwaltstag mit einer Rekordteilnehmerzahl und hochkarätigen Gästen ein großer Erfolg für den DRB war.