Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem heutigen Urteil die R-Besoldung im Lande Sachsen-Anhalt mit dem Stand 2003 für verfassungswidrig erklärt. Auch für Nordrhein-Westfalen bedeutet dies, dass die R-Besoldung deutlich anzuheben ist. Die aktuelle Besoldung ist vergleichbar niedrig wie der für verfassungswidrig erklärte Zustand in Sachsen-Anhalt, wenn auch das BVerfG die nordrhein-westfälische Besoldung aus dem Jahr 2003 nicht für verfassungswidrig erklärt hat.

 

Das Gericht hat einen Kriterienkatalog aufgestellt, nach welchem eine Verfassungswidrigkeit in einer ersten Prüfungsstufe vermutet wird. Die Kriterien sind:

  • deutliche Differenz zwischen der Besoldungsentwicklung und den Tarifergebnissen der Angestellten im öffentlichen Dienst in dem jeweils betroffenen Land (fünf Prozentpunkte Differenz in 15 Jahren Betrachtungszeitraum)
  • deutliche Abweichung der Besoldungsentwicklung von der Entwicklung des Nominallohnindex im jeweils betroffenen Land (fünf Prozentpunkte Differenz in 15 Jahren Betrachtungszeitraum)
  • deutliche Abweichung der Besoldungsentwicklung von der Entwicklung des Verbraucherpreisindex in dem jeweils betroffenen Land fünf Prozentpunkte Differenz in 15 Jahren Betrachtungszeitraum)
  • systeminterner Besoldungsvergleich (der Gesetzgeber darf die Grenzen zwischen den Besoldungsgruppen nicht annähernd einebnen)
  • Quervergleich mit der Besoldung des Bundes und anderer Länder

 

Wenn drei der oben genannten fünf Parameter erfüllt sind, besteht die Vermutung einer verfassungswidrigen Unteralimentation; diese Vermutung kann im Rahmen einer Gesamtabwägung durch Berücksichtigung weiterer alimentationsrelevanter Kriterien widerlegt oder weiter erhärtet werden (zweite Prüfungsstufe).

Weitere Kriterien sind das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft sowie die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und Beanspruchung, sowie die Erfüllung der qualitätssichernden Wirkung der Alimentation durch Anwerben ausreichend qualifizierter Bewerber, sowie die Sicherung der richterlichen Unabhängigkeit. Auch Beihilfe und Versorgungsleistung sind zu betrachten. Zudem ist ein Vergleich der Besoldungshöhe mit den durchschnittlichen Bruttoverdiensten sozialversicherungspflichtig Beschäftigter mit vergleichbarer Qualifikation und Verantwortung in der Privatwirtschaft anzustellen.

 

Nur ausnahmsweise kann im Wege der praktischen Konkordanz auf der dritten Prüfungsstufe eine Unteralimentation gerechtfertigt sein. Allein die Finanzlage eines Landes führt nicht hierzu. Auch das besondere Treueverhältnis verpflichtet Richter und Beamte nicht dazu, stärker als andere zur Konsolidierung öffentlicher Haushalte beizutragen, so dass nur dann eine Einschränkung denkbar ist, wenn die betreffende gesetzgeberische Maßnahme ausweislich einer aussagekräftigen Begründung in den Gesetzgebungsmaterialien Teil eines schlüssigen und umfassenden Konzepts der Haushaltskonsolidierung zur Einhaltung eines Ziels ist, das ebenfalls Verfassungsrang haben muss.


Nach dem heutigen Urteil des BVerfG fordert der RBA-NW mit dem Bund der Richter und Staatsanwälte in NRW und der Verwaltungsrichtervereinigung NRW eine deutliche Besoldungserhöhung noch in diesem Jahr sowie die Rückkehr zu einer bundeseinheitlichen Richterbesoldung.

Die Landesregierung ist in der Pflicht, die Maßgaben aus dem Urteil im Rahmen der vorzunehmenden Besoldungserhöhungen umzusetzen. Dabei muss sie u.a. die seit 2003 vorgenommenen erheblichen Besoldungskürzungen ebenso ausgleichen, wie die weiteren Einschnitte der Besoldungsrunde 2013/2014.

 

Zur weiteren Information über die getroffenen Entscheidung:

Pressemitteilung des DRB-NRW

Zur Pressemitteilung des BVerfG

Zur Entscheidung des BVerfG (Volltext)